Die drei Seelen des Menschen
Man kann in unserem Seelenleben drei Glieder unterscheiden. Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewusstseinsseele.
Die Empfindungsseele
Rein physikalisch gibt es keine Töne und Farben auf der Welt. Es treffen einfach Schallwellen auf unser Trommelfell und elektromagnetische Wellen auf die Netzhaut unseres Auges. Dort werden sie in elektrische Signale verwandelt und gelangen zum Hirn. Erst die Empfindungsseele macht daraus Sinnesempfindungen wie die rote Rose, den Rosenduft oder das Rascheln der Blätter. Das ist aber noch nicht alles. Die Empfindungsseele antwortet auf diese Sinnesempfindungen mit Gefühlen. Der eine empfindet freudige Gefühle beim Anblick der Rose, der andere vielleicht sogar Ekel. Die von Ekman in seinem «Gefühlsatlas» dargestellten Grundemotionen Angst, Trauer, Freude, Ekel und Ärger entstehen in der Empfindungsseele.
Dabei bleibt es allerdings nicht. Beim Anblick der roten Rose entsteht vielleicht der Wunsch, sie zu pflücken. Auch dieser Wunsch entsteht in der Empfindungsseele. Früher hat man von Trieben, Begierden und Leidenschaften gesprochen.
Wenn man sich nach einem guten Essen, auf den Bauch klopft vor Behagen, dann lebt man ganz in der Empfindungsseele.
Arbeit mit der Empfindungsseele gelingt am besten in Hypnose.
Die Verstandesseele
Nun gibt es natürlich mehr als nur die 5 Grundemotionen. So gibt es zum Beispiel das Gefühl der Sehnsucht. Solche Gefühle entstehen in der Verstandesseele. In der Verstandesseele emanzipiert sich die Seele von der gerade wahrgenommenen Umwelt. Das geschieht zum Beispiel, wenn ich in der kalten Stube sitze und an den Strand von Mallorca denke. Plötzlich habe ich Sehnsucht nach Ferien auf Mallorca. Der Ursprung der Gefühle ist nicht mehr eine Antwort auf etwas, das unmittelbar ausserhalb liegt, sondern liegt in der Seele selbst. Ich denke an etwas (dazu brauche ich meinen Verstand), mache mir innerlich (meist unbewusst) ein Bild davon und entwickle ein Gefühl anhand dieses Bildes.
Die weitaus meisten psychischen Probleme liegen an «falschen» Bildern, die man sich macht, die einem aber nicht bewusst sind. Bewusst wird erst das schlechte Gefühl oder die ungewollt starke Reaktion oder gar Allergie. Das sind im Grunde alles «Missverständnisse» der Verstandesseele.
In der Verstandesseele mischen sich Verstand und Gefühl. Deswegen wird sie auch noch Gemütsseele genannt. Kalter Intellekt und Schwelgen in Gefühlsseligkeit sind die zwei extremen Ausdrucksformen der Verstandesseele.
Idealerweise ist das Verstehen des anderen (das ist also Verstand) gepaart mit Mitgefühl. Im Mitgefühl versetzen wir uns in andere Wesenheiten hinein. Das ist das Mitempfinden von deren Leid und Freude, als wenn es unser eigenes wäre.
Die Erfindung des Ohrensessels und des Ottomotors sind ebenso Tätigkeiten der Verstandesseele wie die Sehnsucht nach Mallorca und Panikattacken. Dabei sind fast immer meist unbewusste innere Bilder im Spiel. Durch bewusste Veränderung dieser inneren Bilder, können dann Gefühle und Handlungen, die nicht unter der Kontrolle des Willens stehen, verändert werden.
Wenn ein Mensch tief in der Verstandes- oder Gemütsseele steckt, so kommt dies auch (in einer Geste) zum Ausdruck. Weil die Wahrheitsempfindung im Gemüt steckt, so wird ein Mensch, der in der Gemüts- oder Verstandesseele steckt, um eine Wahrheit zu beteuern, sich auf die Brust klopfen.
Arbeit mit der Verstandesseele gelingt am besten im Zwischenzustand zwischen Wachen und Schlafen. Dann sind Unbewusstsein und Bewusstsein gleichzeitig anwesend. Das ist dem Klienten meist nicht bewusst. Dann heisst es «war das Hypnose?» oder «aber wir haben doch nur etwas geplaudert».
Die Bewusstseinsseele
In der Empfindungsseele reagiert die Seele unmittelbar auf die Umwelt. In der Verstandesseele schiebt sich der Verstand dazwischen. Die Aufmerksamkeit bleibt aber auf die Umwelt gerichtet. In der Bewusstseinsseele richtet sich die Aufmerksamkeit ganz auf die innere «geistige» Welt. So können höchste Wahrheiten erfahren werden. Philosophie und Mathematik sind Tätigkeiten der Bewusstseinsseele. Durch die Bewusstseinsseele ist der Mensch viel mehr ein einzelnes Individuum, ein Einsiedler, der durch die Welt wandelt. Die dunkle Seite der Bewusstseinsseele sind Egoismus und Rücksichtslosigkeit.
Je mehr ein Mensch in der Bewusstseinsseele lebt, desto mehr schliesst er sich von der übrigen Menschheit ab, desto mehr lebt er isoliert. Es macht ihm größere Schwierigkeit, mit dem anderen bekannt und namentlich vertraut zu werden. Zu einer wirklichen Vertrautheit mit einem anderen Menschen führt ihn erst eine lange, umständliche Phase des Kennenlernens.
Problemlösung in den verschiedenen Seelen
Ein und dasselbe Problem, wie z.B. Burnout kann die Ursache in den verschiedenen Seelen haben und muss dann völlig unterschiedlich angegangen werden. Wenn Burnout durch die Empfindungsseele verursacht ist, liegt der Grund vielleicht darin, dass die Seele «vergessen» hat, wie sie natürlicherweise zu Energie kommt. Das lernt sie idealerweise in der Hypnose.
Wird ein Burnout hingegen in der Verstandesseele verursacht, kann es sein, dass man sich einfach unbewusst «falsche» Bilder im Kopf macht oder falsche Lebensgrundsätze unbewusst aufgenommen hat. Hier wird die Lösung in der Arbeit mit inneren Bildern liegen.
Manchmal wird Burnout auch durch ein «Vergessen» der Bewusstseinsseele verursacht. Hier besteht die Lösung in der vollbewussten Arbeit mit dem eigenen Ich.
Das Ich
Ich und Seele sind nicht identisch. Das Ich lebt in der Seele. Während in der Empfindungsseele das Ich noch dumpf brütet, glänzt es zuerst auf als eigentliches menschliches Ich in der Verstandesseele, um sich dann voll bewusst zu werden in der Bewusstseinsseele und da erst ein reines Ich zu werden.